Archaische Zeichen

29. Januar 2009

Wow! Eben hat mich schwer beeindruckt, mit welchen archaischen Zeichen Danone sich auf den Volvic-Flaschen als Ernährer positioniert: Das Bild eines Kindes, im Hintergrund eine betont gesunde Frau mit wallendem Haar, das ihr schon fast Venus-von-Boticelli-haft das Gesicht umspielt. Und, gleichsam an einer Milchflasche nuckelnd, trinkt das blonde Kind mit selig-vertrauensvollem Gesichtsausdruck aus der Volvic-Flasche. Mama im Hintergrund findet das sehr, sehr gut und lächelt. Eine Idealwelt, in der für die gute Zukunft des Kleinen gesorgt zu sein scheint. Archaischer geht es kaum: Das Nuckeln an der Flasche erinnert assoziativ – gerade mit der glücklichen Muster-Mutter im Hintergrund – schon sehr an das Gestilltwerden.

volvicflasche

Und mitten in diesem so uuunglaublich angenehmen Zeichensalat: Volvic, die zentrale (und auch optisch zentrierte) Quelle dieses Schaubildes des Lebens. Das Markenzeichen Volvic wird so zu einem Lieferanten für familiäres Vertrauen und verbindet sich mit anderen abstrakten kulturellen Symbolen des Lebens wie Mutterschaft, Muttermilch, Gestilltwerden, Geborgenheit, Sicherheit, Zuneigung, Bestätigung. Die Marke verknüpft sich in diesem Moment mit all diesen Assoziationen.

Und dabei habe ich nur die Bildebene auseinandergenommen. Der Text würde auch so einiges hergeben, aber das muss warten. Immerhin – darunter steht: Auch in 1L und 1,5L erhältlich. Na, wenn das mal keine positive Nachricht ist: Gute Gefühle und Symbole auch in der großen Flasche von der großen Marke. Die so umweltfreundlich von Südfrankreich nach Zentraldeutschland gekarrt wird – seehr positiv für das Leben auf der Erde allgemein. Aber – anderes Thema.


Morris: Syntaktik, Semantik, Pragmatik

29. Februar 2008

Von Charles W. Morris stammt die Aufteilung in Syntax, Semantik und Pragmatik.

  • Syntax behandelt die Regeln und Beziehungen der Zeichen untereinander.
  • Semantik betrifft die Bedeutung und damit „die Beziehung der Zeichen zu den Objektklassen, die sie designieren, und ggf. zu den Objekten, die sie denotieren“. (Metzler Lexikon Sprache)
  • Pragmatik – Lehre von der Zeichenverwendung, „erfasst Ursprung, Verwendungen und Wirkungen der Zeichen im jeweiligen Verhalten ihrer Benutzer“ (Ebd.) Die Pragmatik befasst sich insbesondere mit „den Einflüssen des Verwendungszusammenhangs […] auf die Bedeutung von Zeichen.“ (Ebd.)

Linxweiler (2002) hat dieses Konzept auf die Marke übersetzt:

image

Nutzen lässt sich dieses Konzept vor allem bei der Positionierung und bei der Analyse von Produkten. Bei der Abstrakteren Marke wird es schon schwieriger. Ich versuche das Mal am Beispiel „Prada“:

Ich würde Syntax in diesem Zusammenhang ähnlich wie ein Paradigma betrachten: Wie und in welchem Umfeld wird die Marke verwendet? Welche andere Marken kommen in diesem Paradigma vor? Dass es dazu gewisse Konventionen für die Regeln der Beziehungen zwischen Marken gibt, scheint mir hinreichend, um von einer Syntax der Marke zu sprechen. Bei Prada wäre im Rahmen der Syntax eine Kombination mit einem C&A-Kleidungsstück oder einem Produkt aus einem KIK-Textildiscout nicht möglich, mit Gucci oder Dolce&Gabbana jedoch schon.

Semantik ist das, was man als „Markenidentität“ bezeichnen könnte. Also das, was die jeweilige Marke bedeutet. Damit umfasst Semantik auch die Beziehung der Marke zu anderen Marken des Segments und somit das, was die Marke „so besonders“ macht. Dies wird vor allem durch die Konnotationen gesteuert, die mit dem Begriff bzw. der Marke einhergehen.

Pragmatik schließlich erfasst die „Verwendungen und Wirkungen der Zeichen im jeweiligen Verhalten.“ (Metzler) Das entspräche dem konkreten Auftreten der Marke, zum Beispiel im sozialen Kontext. Je nachdem, ob ein Zuhälter oder eine Nonne ein Prada-Kleidungsstück trägt, ergibt sich eine andere Bedeutung der Marke. Der „Einfluss des Verwendungszusammenhangs“ (ebd) wird von einer Pragmatik der Marke also untersucht, genauso kann jedoch der Auftritt der Marke in einem bestimmten Umfeld gemeint sein. Dazu können beispielsweise Vertriebswege gehören: Wird ein Prada-Produkt im Umfeld eines Discounters auf einem Wühltisch verkauft, ist die Wirkung des Zeichens eine völlig andere, als wenn dasselbe Produkt nur in ausgewählten Boutiquen angeboten würde.

Nun gibt es unangenehmerweise einige Überschneidungen mit der triadischen Relation von Peirce, wenn ich mir das so überlege. Was kann mir Morris denn neues sagen? Das ist mir nicht ganz klar.