Saussure: Signifiant und Signifié

Ferdinand de Saussure betrachtet das Zeichen vor allem im Sprachgebrauch. Das Zeichen hat zwei Seiten: eine akustische, eine Idee.

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Nun führt Saussure die Begriffe „Signifié“ und „Signifiant“ ein. Signifié (Bezeichnetes) steht für die Vorstellung, Signifiant (Bezeichnendes) für das Lautbild.

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Als Zeichen verstehen wir eben diese Verbindung von Signifié und Signifiant. Diese ist jedoch willkürlich, also arbiträr. Wichtig hierbei: Beim Signfié geht es um die Vorstellung eines Objekts, eines Butterbrotes beispielsweise. Oder eben Freiheit

Mal wieder eine kleine Tabelle zum Begriffsdschungel, diesmal eine kleine Synonymsammlung:

Signifié Vorstellung Signifikat Denotat
Signifiant Lautbild Signifikant

Valeur und fait social

Der Interpret interpretiert das ihm gesendete Zeichen, das aus den beiden Teilen besteht. Dabei erkennt er den Valeur, also den Wert des sprachlichen Zeichens. Dadurch wird das Zeichen zum fait social: Zunächst existiert Sprache nur als soziales Phänomen, als Langue. In der Anwendung erst wird Langue zur Parole, dem gesprochenen Wort.

Der Interpret ist bei Saussure also offenbar am Zeichenprozess unbeteiligt. Er steht im sozialen Gefüge und betrachtet lediglich die Zeichen, die ihm gesendet werden. Im Optimalfall interpretiert er sie auch und handelt nach ihnen. Das Zeichen selbst besteht aber nur aus Vorstellung und Lautbild und ist unverrückbar.

Definitionen

Wikipedia sagt zu Saussure folgendes:

Ferdinand de Saussure erklärt Sprache als ein System von Zeichen, welches fähig ist, Ideen auszudrücken. […] Saussure geht davon aus, dass nur menschliche Sender semiologische Vorgänge verstehen und produzieren können, indem der Sender eine Idee als Nachricht an einen menschlichen Empfänger schickt.

Wir haben es also mit sendenden und empfangenden Menschen zu tun. Und mit Ideen. Soso.

Saussure und die Marke

Wie passt nun der Markenbegriff in dieses Zeichenschema? Da Saussure ja gezielt auf den Sprachgebrauch bezogen werden sollte, passt die Marke nicht ganz reibungsfrei ins Schema, aber dennoch lässt sich der Versuch einer Einordnung mit ein wenig Unschärfetoleranz wagen.

Wir haben nun einerseits das Signifié, das Denotat, also die Vorstellung, das Image einer Marke. Sie ist das, was laut Bolz das einzige ist, womit Produkte auf gesättigten Märkten konkurrieren und sich profilieren können. Auf der anderen Seite befindet sich das Lautbild, in unserem Falle also das konkrete Markenzeichen, das Erscheinungsbild der Marke.

Diese Relation geht von einem einfach gestrickten Konsumenten aus: Der Konsument interpretiert das gesehene Zeichen, das aus dem Produkt, dem Logo und der weiteren CI besteht, und verknüpft damit automatisch die Vorstellung des Images, da er diese Verbindung (durch Werbung, soziale Tradierung etc.) so gelernt hat. Das Saussure’sche Modell greift also etwas kurz und geht von einem Konsumenten aus, der nur den Kontext gemeinsam zu erlernen braucht, um eine Marke als Zeichen zu erkennen.

Diese globale Sichtweise vom Zeichen, das einmal definiert werden muss, und dann feststeht, entspricht demjenigen Zeichenverständnis, das in betriebswirtschaftlichen Überlegungen durchscheint: Man plant eine Marke am Reißbrett (mit Image, Werten, Logo, Farben, CI) und kommuniziert sie als feststehendes Gebilde an die Öffentlichkeit.

Bildnachweis

8 Responses to Saussure: Signifiant und Signifié

  1. „und verknüpft damit automatisch die Vorstellung des Images, da er diese Verbindung (durch Werbung, soziale Tradierung etc.) so gelernt hat. Das Saussure’sche Modell greift also etwas kurz und geht von einem Konsumenten aus, der nur den Kontext gemeinsam zu erlernen braucht, um eine Marke als Zeichen zu erkennen.“

    Die Konstruktion finde ich nicht so gelungen.
    – ich würde den Begriff „Image“ durch „Markenerscheinung-/empfindung-/bild“ ersetzen (und zwar grundsätzlich…).
    – Saussure geht von keinem Konsumenten aus…du bedienst dich seines Modelles um den Konsumenten zu erfassen. Hier fehlt noch der Bogen zu Saussure.

    „entspricht demjenigen Zeichenverständnis, das in betriebswirtschaftlichen Überlegungen durchscheint“

    – das trifft hier und da mit Sicherheit zu aber tatsächlich so häufig??? Ich würde mal die Behauptung aufstellen, es gibt genausoviele Unternehmen, die sich am Anfang gar keine Gedanken machen und erst im Laufe der Zeit die Macht der Marke entdecken.

  2. semiot sagt:

    @Bruder im Geiste:

    – Was unterscheidet denn Deiner Meinung nach „Image“ von „Markenempfindung“? Handelt es sich nicht um das gleiche Phänomen? Sicher, Dein Vorschlag ist ohne Frage präziser, aber „Image“ ist ein gängiger Begriff, der doch genau das ( “Markenerscheinung-/empfindung-/bild”) umschreibt – oder irre ich da?

    – Du hast natürlich völlig recht: Saussure ist vermutlich von keinem Konsumenten ausgegangen. Das wäre natürlich auch Unsinn.

    – Und sicherlich gibt es genügend Unternehmen, bei denen Marke erst im Laufe der Zeit interessant wird. Dennoch wird meiner Beobachtung zufolge in den Wirtschaftswissenschaften der Konsument bei der nachträglichen Justierung / Positionierung der Marke als willenlose Masse betrachtet. Denn auch wenn sich eine Markenkultur herausgebildet hat, wird diese definiert und über die üblichen Kommunikationskanäle verstärkt. Welche Erfahrungen und Assoziationen der Empfänger der Nachricht hat, bleibt unberücksichtigt.

  3. Welche Erfahrungen und Assoziationen der Empfänger der Nachricht hat, bleibt unberücksichtigt.
    aaahh, aus dieser perspektive hast du das gemeint. da gebe ich dir natürlich recht. das solltest du dann veilleicht auch aber so explizit darstellen, sonst könnte man das, wie ich, missverstehen. interessant wäre hier noch der aspekt der sättigung beim kunden. daher auch die ständige suche nach neuen kommunikationskanälen (guerillamarketing, mundpropaganda, web 2.0, …). wobei es manchmal einfach cleverer wäre, seine markenbilder a la bukác semiotisch zu analysieren.

    zum thema image: ich finde den begriff durch seine weitläufigkeit und starken medialen gebrauch wissenschaftlich etwas zu unklar (im englischen besitzt er z.b. diese semantik fast gar nicht… ). Markenerscheinung-/empfindung-/bild sind natürlich ähnlich zu image, beschreiben aber doch jeweils feine nuancen davon. je nach bedarf solltest du diese begriffe demnach verwenden. leitbildempfinde ich als besten begriff.

  4. semiot sagt:

    – Den Image-Begriff werde ich noch klären. Ich hoffe, dass die einschlägige Literatur dazu schon etwas hergibt und ich nicht selbst etwas erfinden muss.. ;)

    – Kommt auf die ToDo-Liste. Danke!

  5. intelligert sagt:

    „Auf der anderen Seite befindet sich das Lautbild, in unserem Falle also das konkrete Markenzeichen“
    Falsch. Du hast Saussure nicht verstanden. Nicht das Lautbild, sondern Beziehung von Signifié und Signifiant versteht er als Zeichen.
    und was soll um alles in der Welt ist ein konkretes Zeichen? Zeichen sind per se abstrakt!
    Dieser intuellektuelle Misthaufen von einem Blog-Eintrag hat mir soeben den ganzen Nachmittag versaut. Ach, was reg ich mich auf.

  6. semiot sagt:

    Schön, das lob ich mir: Jemand, der die Semiotik mal ernst nimmt. Und sich sogar darüber aufregen kann – bemerkenswert. Allerdings hast Du Dich umsonst aufgeregt; Du hast schlicht den Beitrag nicht verstanden.

    „Du hast Saussure nicht verstanden. Nicht das Lautbild, sondern Beziehung von Signifié und Signifiant versteht er als Zeichen.“

    Wenn Du etwas weiter oben nachschaust, dann liest Du:
    „Als Zeichen verstehen wir eben diese Verbindung von Signifié und Signifiant.“ – Na, ist das eine Beziehung oder nicht?

    Und auch das Rätsel um das konkrete Zeichen löst sich ganz einfach, wenn man sich erinnert, worum es hier geht: Um die Semiotik der Marke. Vielleicht ist das in dem Beitrag etwas misverständlich, aber es geht hier zunächst einmal darum, ob man die Theorie Saussures auf das Markenzeichen übertragen kann. Möglicherweise wäre „konkrete grafische Markenzeichen“ oder „Logo“ für jedermann verständlich gewesen. Das ändert aber nichts daran, dass dieses – gut, dann nennen wir es halt Logo – im Zeichenprozess die Rolle des Lautbilds einnimmt, während die Markenidentität der Vorstellung entspricht. Eigentlich eine ganz banale Überlegung. Nicht mehr, nicht weniger.

    So. Oder soll ich das nochmal erklären?

  7. intelligert sagt:

    Mir ist schon klar, dass du es im oberen Teil richtig geschrieben hast. Im 2. Teil bist du jedoch in eine andere ’semiotische Denkschule‘ abgerutscht.
    Das „grafische Markenzeichen“ entspricht eben gerade nicht dem Lautbild, sondern dem Wort. Es ist ein Zeichen, und hat als solches ein ‚äusseres Erscheinungsbild‘ (Signifiant), UND eine Bedeutung (Signigifié), die Markenidentität.
    Denn genausowenig wie biligörihusarentriatentropie kein wort ist (weil es kein signifié hat), ist ein graphisches Zeichen kein Markenzeichen, wenn es dazu keine Firma gibt.
    Unter Logo versteht man übrigens strenggenommen die Kombination aus Bild- und Wortmarke, und daher als Unterkategorie des Signets.

  8. semiot sagt:

    Mit 2. Teil meinst Du „Saussure und die Marke“? Was ist denn Deiner Meinung nach dann eine mögliche präzise Anwendung von Saussure auf die Marke?
    Es gibt doch nun einmal ein Bedeutendes und ein Bedeutetes. Was soll denn das Bedeutende sein, wenn nicht das Signé? Und was das Bedeutete, wenn nicht die Markenidentität?

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